Wohnbauförderung und Vertragsraumordnung als Preistreiber für Wohnungen?

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Rum & Wattens – same same but different?

 

Die Tiroler Marktgemeinden Rum & Wattens weisen hinsichtlich ihrer Fläche und Bevölkerung ähnliche Eigenschaften auf: Rum liegt geographisch betrachtet zwar näher bei Innsbruck, aber die beiden Gemeinden verfügen über a) ein ähnlich großes Gemeindegebiet und b) eine ähnlich große Bevölkerungsanzahl. In beiden Gemeinden gilt die Tiroler Bauordnung, das Tiroler Raumordnungsgesetz und das Tiroler Grundverkehrsgesetz.

Man möchte also annehmen, dass die Preisentwicklung bei Immobilien in den letzten Jahren ähnlich verlief. Allerdings gibt es einen bedeutenden Unterschied zwischen den Gemeinden, und dieser Unterschied zeigt sich insbesondere in der Entwicklung der Preise von Wohnungen:

 

 

In Rum müssen bei der Realisierung von Wohnanlagen (gemäß Tiroler Bauordnung sind das Gebäude mit mehr als fünf Wohnungen) 70% der Wohnungen gemäß den Bestimmungen des Tiroler Wohnbauförderungsgesetzes errichtet werden. Diese Bestimmungen sehen – neben der Einhaltung technischer Standards – einen maximalen Kaufpreis vor, der vom Bauträger bei der Veräußerung der Wohnungen erzielt werden darf. Die restlichen 30% der Wohnungen einer Wohnanlage dürfen in Rum frei am Markt veräußert werden und unterliegen keiner preislichen Obergrenze.

Da auch in Rum bebaubare Grundstücke rar und die erzielbaren Dichten niedrig sind, haben die Grundstückspreise in den letzten Jahren eine deutliche Steigerung erfahren. Zudem wurden die vom Tiroler Wohnbauförderungsgesetz vorgesehenen Preise für geförderte Wohnungen in den letzten Jahren nicht an die tatsächlichen Gegebenheiten am Markt angepasst (u.a. Preissteigerungen bei Grundstücken, Kostensteigerungen beim Bau), weshalb 30% der Wohnungen einen immer höheren Anteil an den Gesamtkosten eines Wohnbauprojekts (Grundstücks- und Baukosten) tragen müssen und somit immer teurer werden.

Dieser Effekt zeigt sich insbesondere in der Entwicklung der prozentualen Preissteigerung seit 2009. Diese Darstellung dient aufgrund der geographischen Nähe von Rum zu Innsbruck auch einem besseren Vergleich der Preisentwicklung, als absolute Kaufpreise in EUR / m² Nutzfläche:

 

 

Während Wohnungen in Rum seit 2009 bis 2018 um 75% teurer wurden, wurden sie in Wattens nur um 54% teurer.

Es wurden bei der Berechnung dieser Preissteigerungen in beiden Marktgemeinden sämtliche verfügbaren Transaktionsdaten über Wohnungen inkludiert, also sowohl Transaktionen über geförderte und nicht geförderte Wohnungen. Es ist deshalb zu erwähnen, dass die recherchierten Vergleichspreise für die Marktgemeinde Rum aufgrund der darin enthaltenen hohen Anzahl an Transaktionen über geförderte Wohnungen die statistische Betrachtung verzerren. Die übermäßigen Preissteigerungen von Wohnungen, die nicht gefördert sind, überkompensieren aber für den hohen Anteil an geförderten Wohnungen und lassen die Preise in Rum – trotz Anwendung der Vertragsraumordnung in Kombination mit der Wohnbauförderung – deutlicher steigen, als in Wattens.

Somit stellt sich die Frage, ob die in vielen Tiroler Gemeinden praktizierte Anwendung der Vertragsraumordnung kombiniert mit einem verpflichtenden Anteil an geförderten Wohnungen bzw. die geplante Ausweisung von Vorbehaltsflächen für den geförderten Wohnbau tatsächlich zu einer Entlastung am Wohnimmobilienmarkt führen kann? Oder werden damit die nicht geförderten Wohnungen nur überproportional teurer?